Als die beiden Klassenlehrerinnen der 10a des Reismann-Gymnasiums ihr ganzheitliches Projekt „Rechtsextremismus in OWL früher und heute“ begannen, dessen roter Faden verschiedene Erscheinungsformen des Antisemitismus ist, konnten sie nicht ahnen, welche aktuelle Brisanz es durch den Krieg in Nahost bekommen würde. Gemeinsam mit ihrer Klasse machten sich die Geschichts- und die Politiklehrerin Frau Panten und Frau Heims auf den Weg, den Blick über den Unterrichtsstoff hinaus zu weiten und dafür vielfältige, auch kreative Erfahrungswege zu nutzen, dazu gehört auch ein erinnerungspädagogischer Ansatz.
Diesen verfolgt die Ausstellung „Jüdische Nachbarn“ in Form von Roll-Ups, verbunden mit reichlich zusätzlichem Material wie z.B. Biografiekarten; sie kann von Schulen in ganz Nordrhein-Westfalen gebucht und genutzt werden – und steht nun in der Aula des Reismann-Gymnasiums. Erkundet werden kann das vielfältige jüdische Leben auf dem Land vor der NS-Herrschaft, unter anderem speziell im Gebiet Lippe, an verschiedenen Biografien. Benjamin aus der 10a meinte: „Es war interessant etwas aus der unmittelbaren Umgebung zu erfahren. So konnte man einen Bezug zu den Personen aufbauen.“ Auch Amelie und Yagmur ließen sich intensiv auf einzelne von ihnen ausgewählte Biografien ein: „Da wir uns mit einzelnen Personen beschäftigt haben, konnte man sich besser in die Zeit hineinversetzen und mit ihnen mitfühlen.“
Diese Ausstellung bietet die Chance „Klischees und Vorurteile außen vor zu lassen und stattdessen den Menschen als solchen wahrzunehmen“, so die damalige Regierungspräsidentin und jetzige Ministerin für Schule und Bildung Dorothee Feller 2021 bei der Eröffnung der Ausstellung anlässlich des Jubiläumsjahrs „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“. Wie war hier bei uns das jüdische Leben vor der Shoah? Genau dieser empathische Blick auf den einzelnen Menschen in seinem Alltag wie Rosa Rosenthal, Rudolf Löwenstein, Gottfried Fuchs ermöglicht die Ausstellung, die von allen sehr positiv bewertet wurde.
Auch einige Religionslehrer werden die Ausstellung für ihren Unterricht nutzen. Dass jüdische Mitbürger noch immer in diesem Land nicht als selbstverständlicher Teil unserer Gesellschaft, als unsere Nachbarn, wahrgenommen werden, sondern sich im Gegenteil bedroht fühlen müssen, macht alle betroffen.